Nichts als kalter Kaffee.

Einmal schlicht, einmal opulent – Hauptsache eiskalt

„Nichts als kalter Kaffee“: So werden eigentlich gähnend langweilige Dinge bezeichnet. Doch die beiden Zubereitungsarten, die ich Ihnen heute vorstelle, beweisen das Gegenteil. Kalter Kaffee schmeckt großartig und trägt zu einem anregenden Sommer bei.

Einerseits gibt es kalorienarmen Kaffee, den ich mit kaltem Mineralwasser ansetze. „Cold Brew“ nennen das die Koffein-Aficionados. Durch die langsame Extraktion im Kühlschrank entsteht purer, milder Kaffee mit feinem Geschmack, den ich über Eiswürfel ins Glas gieße.

Und andererseits gönne ich mir die üppigste Version, die Kaffee zu bieten hat. Nämlich gerührten Eiskaffee. Entscheidend ist dabei das fast schon dekadente Verhältnis zwischen Vanilleeis und Kaffee. Einem riesigen Berg Eis steht nämlich nur ein kleines Tässchen Espresso gegenüber, das feierlich eingerührt wird. Welch ein Fest!  

Cold Brew first
Am Vortag beginnt die Zubereitung beider kalter Kaffees. Für die Cold-Brew-Version mahlen Sie den Kaffee und geben ihn mit einer Messerspitze Kaffeegewürz – meist eine Mischung aus Zimt, Nelke, Kardamom – in eine Glasflasche. Darüber kommt nun das Mineralwasser. Deckel zu und ab in den Kühlschrank.

Ab durch den Filter.

Am nächsten Tag gießen Sie den Kaffee durch einen Filter oder ein feines Sieb ab. Am besten über ein Glas mit vielen Eiswürfeln. Ich verfeinere noch mit einem Schuss Milch und freue mich über den Moment, wenn sich die Milch durch den schwarzen Kaffee bahnt und für großartige Farbeffekte sorgt.

In der sommerlichen Morgensonne glänzt der Cold-Brew-Kaffee besonders schön.

Hausgemachtes Vanilleeis
Falls Sie das Vanilleeis für den gerührten Eiskaffee selbst zubereiten, was ich nachdrücklich empfehle, schlitzen Sie am Vortag eine saftige Vanilleschote mit einem Messer der Länge nach auf. Mit dem stumpfen Messerrücken schaben Sie das Vanillemark heraus und befördern es in einen breiten Topf (die übrige Schote gebe ich immer in die Zuckerdose, das gibt nach ein paar Tagen feinen Vanillezucker).

In den Topf kommen außerdem Rahm, Milch sowie 60 Gramm Zucker. Erwärmen Sie den Topf und schalten Sie den Herd aus, kurz bevor die Mischung kocht. Dann lassen Sie sie noch einige Minuten ziehen. Inzwischen trennen Sie 7 Eier – Sie brauchen für das Vanille-Eis nur das Gelbe vom Ei. Das Eiweiß stellen Sie einfach kühl und verarbeiten es mit einem anderen Rezept weiter (zB Eiweißkuchen oder Baiser).

Das Eigelb schlagen Sie mit weiteren 60 Gramm Zucker in einem Rührkessel hellgelb und schaumig. Die leicht abgekühlte Milch-Rahm-Zucker-Vanille-Mischung sieben Sie nun in dünnem Strahl in den Rührkessel mit dem Eigelb. Dabei rühren Sie ständig mit dem Schneebesen.

Den inzwischen geleerten Topf können Sie nun ein wenig ausspülen und mit genügend Wasser wieder auf den Herd stellen. Setzen Sie den Rührkessel auf den Topf mit Wasser und erhitzen Sie es langsam, aber sicher. In diesem Wasserbad wird die Vanille-Crème nun behutsam erhitzt und gerührt.

Sie dürfen den Herd nun nicht mehr verlassen und müssen aufpassen, dass die Masse nicht zu schnell heiß wird. Das passiert mir gelegentlich, dann gerinnt das Ei und kleine Klumpen schwimmen in der Sauce. Falls das passiert, gießen Sie die Masse einfach durch ein Sieb und machen noch vorsichtiger weiter.

Nach ein paar Minuten auf dem heißen Wasserbad wird die Crème auf wundersame Weise dicker und glänzender. Ist dieser Punkt erreicht, können Sie durchatmen. Die Sauce schmeckt nun so gut, dass man einen Löffel nach dem anderen probieren muss. Mit einem Schuss Inländerrum verfeinert, eignet sie sich optimal als Beilage zu Apfelstrudel. Wenn Sie diese Vanille-Sauce kennen, werden Sie die üblichen Fertigsaucen nur noch im größten Notfall anrühren.

Das fertige Vanilleeeis verrühre ich gleich in der Eismaschine mit dem kalten Espresso.

Lassen Sie die Sauce auskühlen und über Nacht im Kühlschrank ziehen. Am nächsten Tag wird daraus in der Eismaschine das cremige Vanilleeis gerührt. Falls Sie keine Eismaschine haben, können Sie die Eismasse in einem flachen Gefäß in den Tiefkühler stellen und abdecken. Dann müssen Sie jede Stunde kräftig durchrühren, damit eine cremige Masse entsteht.

Während die Eismaschine arbeitet, schlagen Sie den Rahm mit Vanillezucker steif. In einer gekühlten Schüssel rühren Sie nun das viele Vanilleeis mit dem wenigen Espresso glatt. Manche geben noch einen Schuss Rum, Amaretto oder Kaffeelikör dazu. Die Eismasse füllen Sie nun in gekühlte Gläser. Serviert wird mit geschlagenem Vanille-Rahm. Auch ein paar Eiswaffeln wären gut.

Der fertige gerührte Eiskaffee. Das Herz im Glas ist zufällig entstanden – eine erfreuliche Luftblase.

Musiktipp: True Love von Ida Sand
Fehlt nur noch die richtige Musik zum Sommerglück. Jedes Jahr Anfang Juli ziehe ich das Album „True Love“ von Ida Sand aus dem Plattenregal. Die schwedische Sängerin vermischt Soul mit Jazz, Blues und Rock, und beim Zuhören wähnt man sich fast in einem Cabrio, während man an der kalifornischen Pazifikküste entlangfährt. Insbesondere bei Ventura Highway, das Ida Sand von der Band America gecovert hat. Aber auch ihre Interpretationen von Klassikern wie Heart Of Gold oder Redemption Song sollten Sie sich anhören.

Egal, ob Sie nun die pure oder die üppige Version wählen. Ob Sie lieber Kaffeesud lesen oder Ihre Lieblingszeitung, ob Sie auf ein Musikfestival gehen oder Ihr Lieblingsalbum in der Hängematte genießen. Ich wünsche Ihnen einen feinen Sommer. Vergessen Sie nicht: Man muss mit allem rechnen, auch mit etwas Schönem.

Zutaten für vier Personen:
Cold Brew: 500 ml Mineralwasser, 40g gemahlener Kaffee, nach Geschmack etwas Kaffeegewürz und ein Schuss Milch, Eiswürfel
Gerührter Eiskaffee: Vanilleeis: Jeweils 500 ml Milch und Rahm, 120 g Rohrzucker, 1 Vanilleschote und 7 Eigelb; weiters 100 ml abgekühlter Espresso, 200 ml Rahm, 1 EL Vanillezucker, Eiswaffeln 

Musik:
Album „True Love“ von Ida Sand aus dem Jahr 2009, Label ACT

Post Author: Dan

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