Bye Britain, buy Fish, try Chips.

So ein Chaos, dieser Brexit! Das hat man davon, wenn man den Populisten nachrennt. Was bleibt von unseren britischen Friends? Fish & Chips mit Indie-Rock aus Manchester. Immerhin etwas. Keep calm and carry on!

Großbritannien: Wie cool! Das Mutterland des Fußballs. Der Union Jack. Die Beatles, Depeche Mode, Mr. Bean und die Queen mit ihrem schrulligen Prinzen. Und ich erinnere mich an den August 2008, als am Ende der Schlussfeier der streng konformen Sommerspiele in Peking die Olympia-Fahne an London übergeben wurde. Dort sollten die nächsten Spiele stattfinden. Mitten in die chinesische Gleichförmigkeit fuhr ein roter Doppeldecker-Bus ins Olympiastadion, auf dessen Dach Jimmy Page himself in seine E-Gitarre schremmte. Bei dieser Symbolik wurde mir bewusst, wie nah mir Europa ist. Wie cool es ist, frei wählen zu können, wie man aussieht, was man sagt und was man hört.

Schon vor Weihnachten forderte ich mit Nachdruck den Kexit anstelle des Brexits.

Schade, dass die lässigen Briten nun probieren, aus der EU auszusteigen. Aber so ist das eben, wenn die Populisten Oberhand gewinnen. Und wenn ein Volk nicht in direkter Demokratie geübt ist und mit schwarz-weißen Fragestellungen überfordert ist. Ich will mir gar nicht ausmalen, wie bei uns manche Volksabstimmung ausginge. Ich befürchte sogar, dass in Österreich momentan allerhand Grausliches mehrheitsfähig wäre, wenn es etwa um den Umgang mit Minderheiten geht. Gut, dass es eine Verfassung gibt. Und ein Parlament, das – so hoffe ich – in den meisten Fällen noch immer nach reiflicher Abwägung entscheidet und die Menschenrechte im Visier hat.

Back to Britain
Nun sollen die Briten vorwärts machen, denn mir geht das Brexit-Theater langsam auf die Nerven. Wenn sie schon nicht bleiben wollen, dann sollen sie endlich austreten. Mit allen Konsequenzen. Es gibt ein kleines Sprichwort hier in Vorarlberg, das für Nicht-Alemannen rätselhaft bleiben wird: „Heasch wella, schleack d‘Kella.“ Das heißt so viel wie: Man muss die Konsequenzen für sein Handeln tragen. Die Briten sollen endlich austreten und unsere EU nicht länger mit ihrem Austrittsgeplenkel aufhalten. Wir haben schließlich genügend mit unseren eigenen Populisten-Schreckgespenstern zu tun. Und mit den Online-Giganten, den steuerflüchtigen Konzernen, China oder dem Klimawandel.

Kulinarisch werde ich den Briten nicht nachtrauern. Minz-Sauce zu Lamm oder Pudding mit Rinderfett mochte ich noch nie. Damit wir die Abtrünnigen dennoch in guter Erinnerung behalten, gibt’s im Probelokal das Erträglichste, was die britische Küche zu bieten hat: Fish & Chips, natürlich hausgemacht. Und Musik von der Insel, die die Zubereitung erleichtert. Damit fangen wir an.

Songs aus Manchester
Der Sound stammt diesmal von „I am Kloot“. Die drei Musikanten aus Manchester spielen seit 20 Jahren in einer Band, die es zwar nie ganz an die Spitze geschafft hat, aber in meiner Playlist zu den Dauerbrennern gehört. Ein paar ihrer Songs bedeuten mir enorm viel – zum Beispiel der hinreißende Titel „From My Favourite Sky“, den ich vor zehn Jahren entdeckte und ein ständiger Begleiter ist. Oder „Proof“, dessen Video Sie sich unbedingt ansehen müssen, und zwar unter einer Bedingung: Sie dürfen es während der ganzen zweieinhalb Minuten nicht aus den Augen lassen. Es scheint, als tue sich nicht viel. Aber warten Sie ab!  

Ran an den Fisch!
Für die gebackenen Fische kaufe ich mir am Markt ein halbes Kilo festfleischiges Fischfilet. Etwas widerwillig nahm ich Rotbarsch und Heilbutt, weil mein Fischhändler nichts Heimisches hatte. Im Idealfall bekommen Sie stattdessen auch Süßwasserfische – zB Karpfen –, dann müssen Ihretwegen nicht die Meere leergefischt werden. Etwas Inspiration zum Wandel des Fisch-Konsumverhaltens liefert die TV-Reihe „Fisch ahoi!“ im ORF. In diesen wunderbaren Sendungen verarbeiten Gastro-Kritiker Florian Holzer, Künstler Thomas Nowak und Fotograf Ingo Pertramer Fische aus österreichischen Flüssen und Seen.

Rotbarsch und Heilbutt – bzw. das, was von ihnen übrig blieb.

Daheim schneide ich die Filets in mundgerechte Stücke und würze sie mit etwas Limettensaft, Salz, Pfeffer und ein wenig Currypulver. Dann tauche ich sie in den feinen Backteig, den ich mir zuvor zusammen gerührt habe. Dazu trennte ich die Eier. Das Eigelb vermengte ich mit Bier – dem Anlass entsprechend könnte das britisches Craft-Bier sein (oder falls Kinder dabei sind, einfach Mineralwasser), Mehl, Salz und etwas Zucker. Das Eiweiß schlug ich steif und rührte es darunter. Der Teig durfte dann ein paar Minuten rasten, bevor die Fischstücke ein Bad darin nehmen.

Chips fast ohne Fett
Da die Fischstücke bald in heißem Öl schwimmen, bereite ich wenigstens die Chips in einer fettreduzierten Form zu. Dazu wasche ich ein Kilo Kartoffeln – sie müssen dann nicht unbedingt geschält werden. Mit dem Küchenhobel schneide ich sie in gleichmäßig dünne Scheiben. Mit Küchenpapier tupfe ich sie trocken, bevor ich sie in einer Schüssel mit etwas Salz, Pfeffer, Paprikapulver und einem Schuss Öl vermenge. Dann lege ich sie auf Backbleche, die mit Backpapier ausgelegt sind. Unbedingt einzeln nebeneinander, damit sie knusprig werden. Das erfordert einige Durchgänge, aber die Arbeit lohnt sich. Die Bleche kommen für 15 Minuten bei 150 Grad Umluft ins Rohr.

Die Kartoffelscheibchen, bevor sie im Backrohr zu Chips mutieren.

Während die Chips backen, bereite ich die Fische zu. In einem schweren Topf erhitze ich das Öl auf rund 160 Grad – am besten, Sie legen sich dazu einen Küchenthermometer zu. Das Öl sollte nicht zu kalt sein, dann saugen sich die feinen Stücke mit Fett voll, aber auch nicht zu heiß – dann ist die Hülle schwarz und der Fisch noch roh. Passt die Temperatur, lege ich einen Teil der Fischstücke ins Öl und wende sie nach 1-2 Minuten. Mit einer Schaumkelle hebe ich die Stücke nach 3-4 Minuten heraus und lasse sie auf Küchenpapier etwas abtropfen. Den Fisch serviere ich mit den Chips und einer Limettenspalte. An besonderen Tagen gibt es hausgemachte Mayonnaise dazu, aber erst wieder, wenn der Brexit vollzogen ist.

Bei diesem Anblick höre ich es Brutzeln.

Es soll Figurbewusste geben, und all jene unter Ihnen mahne ich zur Vorsicht. Beim Ausprobieren backte ich nicht nur Fisch, sondern auch Champignons und Zwiebelringe – denn wenn ich mir den Saustall in der Küche schon antue, dann backe ich mir alles Mögliche heraus. Und zwar in rauen Mengen. Es gab davon am Mittag und am Abend. Doch man kann vom Guten genug kriegen. Ich fühlte mich nach der Völlerei wie ein fetter Fisch, ein Riesenchampignon oder eine dicke Zwiebel. Also übertreiben Sie es nicht, sonst spielt Ihr Magen Brexit.

Zutaten:
500 Gramm Fischfilet, 1 Bio-Limette, Salz, Pfeffer, etwas Currypulver
Für den Backteig: 2 Eier, 200 Gramm Mehl, 220 Milliliter Bier oder Mineralwasser, ein paar Prisen Zucker und Salz
Für die Chips: 1 Kilogramm Kartoffeln, Salz, ein paar Löffel Raps- oder Sonnenblumenöl, etwas Paprikapulver und Pfeffer

Musik:
Album „BBC Radio 1 John Peel Sessions” von „I am Kloot” aus dem Jahr 2006 mit einer wunderbar reduzierten Version des Titels „From My Favourite Sky”, Label Skinny Dog Records, produziert von Simon Askew und Jerry Smith,
www.iamkloot.com

Post Author: Dan

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