Süße Abkühlung im Corona-Sommer.

Dolce far niente: Als süßer Gruß aus dem Probelokal erreicht Sie heute mein Lieblingseis dieses Sommers. Es möge die coronabedingt erhitzten Gemüter etwas abkühlen.

Heute hänge ich mit Stroh-Hut und Sonnenbrille in der Matte vor dem Probelokal herum. Fröhlich gestimmt und in sommerlicher Gelassenheit kritzle ich das Rezept meines heurigen Lieblings-Eises auf einen Zettel.

Es ist ein ungeheuer cremiges Eiskaffee-Eis, das ganz ohne flüssigen Kaffee auskommt und den Geschmack eines großen Bechers gerührten Eiskaffees auf eine einzige Kugel Eis reduziert. Daher der seltsame Name. Ich habe übrigens eine Weile daran herumgetüftelt – meine Waage kann es bezeugen.

Geht auch ganz ohne Espresso, Beilage und Firlefanz: Eine Kugel Eiskaffee-Eis.

Doch egal, wenn der Gürtel auf der vom Lockdown gezeichneten Hüfte spannt. Ein kalorienreiches Eis haben wir uns verdient, schließlich gilt es, die Corona-Einschränkungen zu verdauen. Die überwältigende Mehrheit hält sie gut aus, aber offenbar treiben die Abstands-Empfehlungen, der Mund-Nasen-Schutz und die eingeschränkte Reisefreiheit ein paar Zeitgenossen regelrecht in den Wahnsinn – beziehungsweise demonstrativ auf die Straße.

Hätte ich vor Monaten das Wort „Hygiene-Demo“ gehört, hätte ich höchstens an gewerkschaftlich organisierte Reinigungskräfte gedacht, die für Lohnerhöhungen auf die Straße gehen. Flankiert vielleicht von einer Armada an Straßenkehrmaschinen. Doch nun gehört das Wort „Hygiene-Demo“ zu einer illustren Schar an Menschen. Angetrieben von einer muffigen Mischung aus Angst, Wut und Misstrauen tun sie so, als dürften sie ihre bizarren Meinungen nicht kundtun. Was sie aber lautstark machen. Noch dazu unverhältnismäßig umfangreich begleitet durch die von ihnen kritisierten Medien.

Rezept gegen Wahnsinn
Auf die Schnelle sehe ich nur zwei Möglichkeiten, um zur Vernunft zu kommen. Entweder sollten die Demonstrierenden einen kurzen Abstecher nach Beirut, Minsk oder Damaskus machen. Kann sein, dass die Probleme unserer demokratischen Rechtsstaaten in Mitteleuropa – inklusive des Rechts auf freie Meinungsäußerung und den kostbaren Schutz demonstrierender Minderheiten durch die überwältigende Mehrheit – dann in einem anderen Licht erscheinen würden.

Die andere Möglichkeit ist die einfachere – nicht zuletzt aufgrund der Einschränkungen im Flugverkehr: Der Genuss einer großen Kugel dieses Eiskaffee-Eises. Das hemmt die Wut und kühlt die Emotionen ab. Mit der süßen Eiscreme auf der Zunge schmelzen auch alle Verschwörungstheorien genüsslich davon. Der Frust wird kleiner, das Leben schöner.

Es geht los: Zu Kaffeebohnen und Rohrzucker gesellen sich gleich noch Milch und Rahm.

In einem Topf erhitze ich die Kaffeebohnen mit dem Zucker, der Milch und dem Rahm. Bevor die Mischung überkocht, ziehe ich sie vom Herd. Dazu kommt die gehackte weiße Schokolade, die ich kurz schmelzen lasse und mit dem Schneebesen einrühre. Dann lasse ich die herrlich duftende Mischung ziehen. Es ist Zeit für die erste Pause, die ich mit einer Tasse Kaffee und dem feinen Album „Hummingbird“ von John Smith zelebriere.

Feiner Sound aus dem Südwesten Englands
Der Singer-Songwriter mit dem Allerweltsnamen (googeln Sie einmal nach „John Smith“!) stammt aus der südwestenglischen Grafschaft Devon. Er hat nicht nur eine markante Stimme – auch sein Gitarrenspiel ist sehr einprägsam. Hören Sie einmal hinein in Songs wie „Hummingbird“, dann wissen Sie, was ich meine. Gerne tritt John Smith auch mit Glen Hansard und Lisa Hannigan auf. Sehr cool. Fast wie das Eis, das bald fertig ist.

Gestärkt schlage ich drei Eier in einen Rührkessel. Drei weitere Eier trenne ich, nur die Eigelbe kommen in den Rührkessel, das Eiweiß verwende ich anderweitig. Mit einem Schneebesen rühre ich die Eier zusammen.

Gerührt, nicht geschüttelt: Die Eier, bevor die Milch-Rahm-Schokolade-Mischung dazu gesiebt wird.

Dann gieße ich die Mischung aus Milch, Rahm und geschmolzener Schokolade durch ein Sieb über die Eier. Die im Sieb verbliebenen Kaffeebohnen wandern in den Bio-Müll. Sie haben den Geschmack abgegeben, damit ihren wertvollen Dienst getan und interessieren uns fortan nicht mehr die Bohne.

Den Kessel setze ich auf einen Topf mit etwas heißem Wasser – der Dampf sorgt nun dafür, dass ich die Mischung dickschaumig aufschlagen kann. Aber Vorsicht: Es genügt eine Minute Unachtsamkeit und aus der Creme wird eine Eierspeise, die dann nicht mehr zu verwenden ist. Verwenden Sie zwischendurch einen Küchen-Thermometer. Ab 70 Grad Celsius ist Vorsicht geboten, spätestens bei 80 Grad bindet die Creme. Geduld bewahren und immer wieder gut durchrühren! Diese Phase der Zubereitung fordert für einige Minuten Ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit.

Ein Lob der Eismaschine
Wenn Sie merken, dass die Creme etwas eingedickt ist, haben Sie ein großes Etappenziel erreicht. Dann nehmen Sie den Kessel vom Herd und lassen die Mischung auskühlen. Am besten, Sie stellen sie abgedeckt über Nacht in den Kühlschrank. Wenige Minuten vor dem Servieren gießen Sie die Creme in die Eismaschine.

Die Eismaschine sorgt für ein cremiges Ergebnis.

Falls Sie keine besitzen, empfehle ich deren Anschaffung. Eine einfache Eismaschine für den Hausgebrauch kostet nicht mehr viel, höchstens einen Bruchteil der vielleicht ohnedies abgesagten Urlaubsreise. Meine tut seit vielen Jahren ihren verlässlichen Dienst.

Sie werden merken: In einer Kugel dieses Eises verdichtet sich ein riesiger Becher gerührten Eiskaffees. Deshalb verzichte ich beim Anrichten auf die Beigabe eines kalten, flüssigen Kaffees. Kaffee-Eis mit Kaffee, das erschiene mir als unnötige Verdoppelung. Ähnlich erging es mir übrigens einmal in einer bosnischen Imbiss-Bude: Als Beilage zu einem Haufen gebratenen Fleisch wurden dicke Scheiben scharfer Knoblauch-Salami aufgetragen. Fleisch mit Fleisch. Ich muss noch heute aufstoßen, wenn ich daran denke.

Eis mit Schokolade oder Schokolade mit Eis? Egal, auf den Teller gehört beides.

Ein paar Rippen Schokolade zum Eis
Zum Eis genügen mir ein paar Rippen weißer Schokolade, die ich mir mit den Kindern selbst zusammen gerührt habe. Wie das in etwa geht, habe ich in einer Rezeptgeschichte im Vorjahr beschrieben. Seit kurzem zählt die Silikonform einer Tafel Schokolade zum Sortiment unserer kleinen Schokoladen-Fabrik. Nachdem wir die geschmolzene, weiße Schokolade eingegossen haben, ließen die Kinder noch geröstete Nüsse und bunte Zuckerperlen, mit denen ansonsten kitschige Torten verziert werden, einrieseln.

Ich spucke die Perlen immer aus, denn in den Ferien will ich keine Zahnfüllung verlieren. Zahnarzttermine passen nicht in den Sommer, die gehören auf regnerische Novembertage gelegt. Die sind ohnedies etwas trist, da tut der Zahnarztbesuch auch nichts mehr zur Sache. Jetzt denke ich aber nicht an den November, sondern ich koste den August aus. Sie hoffentlich auch!

Zutaten für eine Eismaschine voller Eiskaffee-Eis:
250 Milliliter Rahm, 300 Milliliter Milch, 3 Eier und 3 Eigelb, 60 Gramm geröstete Kaffeebohnen, 120 Gramm Rohrzucker, 40 Gramm weiße Schokolade und zum Servieren evtl. eine Prise Kakaopulver

Für die weiße Schokolade:
siehe Rezeptgeschichte aus dem Sommer 2019 bei Unklarheiten bitte unter dan@probelokal.com melden!

Musik:
Album „Hummingbird“ von John Smith aus dem Jahr 2018, Label Commoner Records

Post Author: Dan

One Reply to “Eiskaffee-Eis”

  1. Hallo Daniel,
    ich genieße deine würzigen Kommentare mindestens so wie deine fabelhaften Rezepte!

    Vielen Dank!
    Hanno

Schreibe einen Kommentar zu Hanno Platzgummer Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

You may also like

Hereinspaziert und ausprobiert

Willkommen in Dan’s Probelokal!
Auf dem Menüplan dieses Online-Lokals stehen stets frische Rezeptgeschichten. Als Beilage gibt es musikalische Entdeckungen und kritische Blicke auf unsere Gesellschaft.

Newsletter-Anmeldung
Wer sich für den Newsletter anmeldet, bekommt die Rezeptgeschichten immer vorab, frisch und heiß serviert. Senden Sie einfach eine E-Mail mit Betreff „Newsletter“ an dan@probelokal.com. Ihre Adresse wird natürlich nicht weitergegeben. Bis bald!

Folgen Sie Dan’s Probelokal

In Arbeit

Wermutstropfen

Der Verbrauch von Wermut im Probelokal ist erstaunlich hoch. Das liegt daran, dass der mit Gewürzen und Kräutern verfeinerte Weißwein (zB aus dem Hause Noilly Prat) fixer Bestandteil von Saucen und Risotto ist. Auch als Aperitif ist er nicht zu verachten. Unlängst habe ich ein großes Einmachglas mit südsteirischem Weißwein, etwas Weinbrand, frischem Wermut-Kraut und einigen Gewürzen angesetzt. Schon in wenigen Wochen werde ich ein paar kleine Flaschen mit hausgemachten Wermut abfüllen. Die Vorfreude ist groß!

Politisches Essen

Der Maissalat im Probelokal zeigt Flagge. Für ein friedliches Europa!

Zweite Wahl

Im Probelokal werden viele Rezepte ausprobiert. Doch nicht aus jedem wird eine eigene Geschichte, weil schlicht die Zeit dazu fehlt. Deshalb sehen Sie hier wechselnde Gerichte zweiter Wahl.

Falls ich Ihnen ein Rezept dieser Spalte senden soll, dann schreiben Sie mir: dan@probelokal.com. Und wenn Sie wollen, dann spenden Sie als Gegenleistung dem Verein „Herzkinder Österreich“ ein paar Euro. Vielen Dank!

Rhabarberkuchen

Frühlingshaftem Rhabarberkuchen kann niemand widerstehen. Außer die zugelaufene Katz‘ – die hält gar nichts von solchen süß-sauren Feinheiten.

Oder:

Borschtsch

Zum ersten Mal in der Geschichte des Probelokals gab es Borschtsch – eine Spezialität in der Ukraine und in Russland mit Rinderbrust und viel Roter Bete. Ganz langsam gekocht in Gedanken an die vielen Menschen in den Krisengebieten.

Oder:

Knusprige Kartoffelknödelchen

Sind es zu groß geratene Gnocchi? Oder zu klein gerollte Knödel? Oder gar zu runde Schupfnudeln? Egal, diese kleinen Knödel aus Kartoffelteig schmecken vorzüglich. In brauner Butter geschwenkt, vielleicht noch mit ein paar Speckwürfeln. Alpen-Streetfood vom Feinsten!

Rezept-Geschichten