
Hungrig auf Tore.
Bald ist die Durststrecke zu Ende: Nachdem die Europameisterschaft letztes Jahr wegen Corona abgesagt wurde, findet sie heuer endlich statt. Am 11. Juni geht’s los. Ich freue mich wie ein kleines Kind auf hausgemachte Snacks und 51 Länderspiele. Und das, obwohl die internationalen Fußballverbände einiges unternehmen, um einfache Fans und Fußball-Romantiker wie mich zu vergraulen.
Dem abgehobenen Clubfußball habe ich etwa längst abgeschworen – der seelenlosen Champions League, diesem Marketingprodukt, das von russischen Oligarchen, chinesischen Investoren oder arabischen Scheichs finanziert wird. Nicht einmal das Finale im Pay-TV habe ich mir kürzlich angesehen. Ob Chelsea oder Manchester, das macht doch keinen Unterschied. Oder wie Andy Möller einst gesagt haben soll: Madrid oder Mailand – Hauptsache Italien!
Einmal Fußball, immer Fußball
Da sich die Fußball-Begeisterung dennoch hartnäckig hält, habe ich den Charme ehrlicher Länderspiele entdeckt. Schließlich entscheidet bei der EM der Reisepass über die Aufstellung. Und nicht dubiose Transfers mit Fantasie-Millionen. Zwar klingen Begegnungen wie Ukraine gegen Nordmazedonien nicht gerade prickelnd, aber die Leidenschaft wird groß sein.

Dass die bei sonstigen Fußball-Großereignissen gewohnte Turnier-Stimmung noch nicht so recht aufkommen will, führe ich nicht nur auf Corona zurück. Sondern eher auf den europäischen Fußballverband UEFA. Der Ausrichter der EM bemüht sich redlich, die Fans zu vergraulen. Normalerweise findet die EM etwa in einem Gastgeberland statt, was jedem Turnier eine unverwechselbare Identität verleiht.
Die heurige Europameisterschaft wurde jedoch auseinander gerissen. Gastgeber sind alle und niemand, gespielt wird in mehreren Stadien Europas. Sogar in Vorderasien. So fliegen Spieler und Fans einzelner Teams tausende Kilometer nach Baku, nur um ein 90minütiges Spiel vor den Augen des korrupten Präsidenten Aserbaidschans zu bestreiten. Ob diese Idee der UEFA dazu beiträgt, Europa näher zusammen zu bringen, wage ich zu bezweifeln.
Auch vermeintliche Nebensächlichkeiten machen es dem traditionsbewussten Fußballfan schwer. Es gibt einfach gut etablierte Dinge auf der Welt, die sollte man nicht dekonstruieren. So, wie ein richtiges Wiener Schnitzel einfach nicht zu verbessern ist, so sollte man auch den Fußball in Ruhe lassen. Er braucht keinen komplizierten Turniermodus, keine neuen Regeln, keinen Videobeweis und schon gar keinen Abstieg von Werder Bremen.

Wo woar mei Leistung?
Und auch keine Experimente mit jahrzehntelang bewährten Traditionen: Denn vielleicht ist auch Ihnen aufgefallen, dass das Österreichische Nationalteam nicht mehr in traditionellen schwarz-weißen Trikots auftritt, sondern in schwarz-türkis. Sogar der Bundesadler der ÖFB-Outfits ist türkis geworden. Der parteipolitisch unabhängige Sportpatriot nimmt diese Türkisierung österreichischer Verbände mit Unbehagen zur Kenntnis. Und hofft, dass die Einberufung ins Nationalteam auch künftig nur aufgrund nachweisbar guter fußballerischen Leistung erfolgt, und nicht aufgrund guter Beziehungen zu den Regierungs-Buben. Es würde mich nicht wundern, wenn dereinst auch die Skistars des ÖSV in türkisen Rennanzügen die Streif hinuntersausen.
Auch ohne Wurst geht’s um die Wurst
Doch nun habe ich mich ausreichend beschwert. Beim Zubereiten feiner Fernseh-Snacks verarbeite ich meine fußballerischen Sorgen, um gut gelaunt mitfiebern zu können. Statt Stadion-Wurst und Industrie-Chips gibt es einfach vorzubereitende Leckereien, diesmal vegan und extra scharf. Damit selbst bei einer langweiligen Partie die Schweißperlen auf der Stirn auftauchen.
Für die rot-weiß-roten Grissini erwärme ich den Randig-Saft leicht und löse die Hefe darin auf. Mit dem Knethaken verarbeite ich in einer Schüssel die Randig-Hefe-Mischung mit allen anderen Zutaten. Falls der Teig zu sehr klebt, was erstaunlicherweise immer der Fall ist, rühre ich noch etwas Mehl ein. Abgedeckt lasse ich den Teig für eine gute Stunde gehen. Dann rolle ich ihn auf einer bemehlten Arbeitsfläche aus. Ich schneide dünne Streifen ab, drehe diese etwas ein und postiere sie auf mit Backpapier ausgelegte Blechen. Bei 230 Grad Umluft werden die kleinen Stangen rund 7 Minuten gebacken.

Die Grissini dippe ich am liebsten in Weiße-Bohnen-Hummus, den wohl einfachsten veganen Dip der Welt. Sie können die Bohnen natürlich selbst kochen, doch zwischen den Spielen fehlt oft die Zeit. Dann öffne ich eine Dose, spüle die Bohnen im Sieb ab und lasse sie abtropfen. Mit Knoblauch, Öl, Saft und geriebener Schale der Zitrone, Salz und Pfeffer werden diese mit dem Stabmixer püriert. Beim Anrichten beträufle ich die Creme mit etwas Öl. Cayennepfeffer darf nicht fehlen.
Über Kichererbsen habe ich auf dieser Seite schon viel geschrieben. Zum Fußball liebe ich die geröstete, stark gewürzte Version. Die Erbsen werden – wie die Bohnen – im Sieb abgespült und abgetropft, mit Öl und Gewürzen (außer der Zitronenschale) durchgerührt und auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech bei 170 Grad Umluft gut 30 Minuten gebacken. Zwischendurch wird ein-zweimal am Blech gerüttelt. Vor dem Servieren würze ich noch mit etwas geriebener Zitronenschale. Was für ein Aroma!

Fast fettlose Wedges
Und dann wären da noch die Couch Potatoes, mein einfachstes und schnellstes Kartoffelrezept für Fußballabende. Dazu werden die Kartoffeln geschält, halbiert und in kleine Schnitze geschnitten. In einer Schüssel verrühre ich sie mit den Gewürzen und ganz wenig Öl. Ich staune immer wieder, wie gut diese Kartoffeln trotz der sehr geringen Fettmenge werden – Loriot-Kenner werden bei der Zubereitung deshalb immer an den Sketch „Konzertbesuch“ denken, in dem der Satz „Brat fettlos mit Salamo ohne“ legendär wurde. Die gewürzten Kartoffeln lege ich auf mit Backpapier ausgelegte Bleche nebeneinander (ja, auch Kartoffeln müssen Abstand halten!). Bei 220 Grad Umluft werden die Wedges gebacken, bis sie nach rund 20 Minuten schön braun sind.

Fußball-Musik
Zur Einstimmung auf die Spiele höre ich mir die stadiontauglichen Songs fußballbegeisterter Musiker an: Dazu zählen etwa Noel Gallagher (In The Heat Of The Moment), die Toten Hosen (Auswärtsspiel) oder Thees Uhlmann (Das hier ist Fußball).
Übrigens gibt es auch bei dieser EM einen offiziellen Song. Er nennt sich „We Are The People“ und stammt vom niederländischen DJ und Produzenten Martin Garrix, der das Lied gemeinsam mit Bono und The Edge von U2 eingespielt hat. Kann sein, dass der Song in einem vollen Stadion Gänsehaut verursacht und damit seine Mindestanforderung erfüllt. Mir drängt sich bei diesem Einsatz der U2-Stars eher der Vergleich mit einem britischen Kult-Verein auf, der seine authentischen Zeiten hinter sich gebracht hat und von internationalen Investoren unter den Nagel gerissen wurde. Quasi eine musikalische Super League.
Zutaten für Sie und zwei-drei getestete oder geimpfte, gerne auch veganen Fans:
Rote Grissini: 350 g Mehl, 80 g Grieß, 250 ml Randig-Saft, 20 g frische Hefe, 1 EL Salz, 4 EL Öl, gemahlener Kümmel und scharfes Paprikapulver
Weiße-Bohnen-Hummus: 1 Glas gekochte Bohnen, 1 Knoblauchzehe, 50 ml Olivenöl, ½ Bio-Zitrone, Salz, Pfeffer, Cayennepfeffer
Couch-Potatoes: 700 g festkochende Kartoffeln, 3 EL Öl, Salz, Pfeffer, scharfes Paprikapulver
Geröstete Kichererbsen: 1 Glas gekochte Kichererbsen, 1 EL Öl, geräuchertes Paprikapulver, gemahlener Kreuzkümmel, ½ Bio-Zitrone, Cayenne-Pfeffer, Salz und Pfeffer
Weitere einfache und saisonale Tipps zum Fußball-Genuss finden Sie auf dieser Seite – etwa eine grüne Spargel-Elf oder einen Erdbeer-Cocktail.

Lieber Dan,
danke für die schöne Sammlung von liebevoll präsentierten Rezepten.
Ich übersiedle demnächst ins Privatleben und möchte auf den Newsletter aus Dan`s Probelokal auch nach meiner räumlichen Übersiedlung nach Niederösterreich nicht verzichten.
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DANKE!
Mit sonnigen Grüßen
Richard