Der Eintopf des Vertrauens.

Manche Gerichte mag ich so gerne, dass ich mich am liebsten zu ihnen in den Topf setzen möchte. Dieser Eintopf mit Pilzen und frischem Gemüse gehört dazu. Er markiert den Übergang vom Sommer zum Herbst. Und schmeckt so umami, dass ich nur an den Geruch denken muss, damit das Wasser im Mund zusammenläuft. Dass der Eintopf nicht zu den bildhübschesten Herbstgerichten zählt, ist nach dem ersten Löffel vergessen. Es geht auf dieser Seite ohnedies nicht um Herzchen auf Instagram, sondern um Zuspruch am Mittagstisch.  

Entscheidend fürs Gelingen ist eine kräftige Suppe zum Aufgießen. Aber auch das beherzte Würzen, und natürlich gutes Brot dazu. Fleisch braucht dieser Eintopf nicht. Nicht etwa, weil es „von denen da oben“ verordnet wäre oder ich hier ein Exempel in politischer Korrektheit statuieren möchte. Sondern einfach deshalb, weil es dafür keines braucht.

Übrigens bräuchte es vieles nicht, wenn es nach mir ginge: Die Diskussionen des grassierenden Kulturkampfes, ob es nun um Normalität, korrekte Sprache, Bargeld oder Schnitzel geht, die hätte der zurückliegende Sommer nicht gebraucht. Genauso wenig wie aufgeregte Populisten, rückwärtsgewandte Extremisten und Fake News. Von mir aus bräuchte es auch keine Laubbläser, Zahnschmerzen und vermutlich auch keinen FC Bayern. Aber feines Essen und gute Musik – das brauche ich natürlich immer.

Diese glänzenden Pilze sind Hauptdarsteller des Eintopfs.

Das große Schnipseln
Der Eintopf ist im Handumdrehen zubereitet: Zuerst geht es an die Pilze. Mit einem kleinen Messer werden schadhafte Stellen und Reste des Waldbodens entfernt – manchmal haften Tannennadeln daran, gelegentlich krabbelt sogar Karl der Käfer aus dem Pilzhaufen. Der hat im vegetarischen Eintopf aber rein gar nichts verloren. Große Pilze werden in Stücke geschnitten, Zwiebel und Knoblauch fein gewürfelt, Karotten und Sellerie in ca. 0,5 cm und Kartoffeln in ca. 1 cm große Stücke geschnitten.

In einem großen Topf, in dem Sie etwas Öl erhitzt haben, werden zu Beginn die Pilze scharf angebraten. Gelegentlich wird gerührt, am Ende gesalzen und gepfeffert. Dann dürfen die Hauptdarsteller in einer Schüssel pausieren, während das restliche Gemüse in zerlassener Butter ein, zwei Minuten angeschwitzt wird.

Nun kommen Tomatenmark und Gewürze hinzu, nach kräftigem Durchrühren wird mit Wermut oder Weißwein abgelöscht. Das zischt und duftet wunderbar. Aufgegossen wird nun mit der kräftigen Suppe, dann köchelt die feine Mischung eine halbe Stunde lang.

Große Gewürze – Lorbeerblatt, Wacholderbeeren oder Rosmarinzweig – werden danach entfernt, dafür kommen die zwischengeparkten Pilze wieder dazu. Ebenso der Rahm, Salz und Pfeffer, vielleicht noch eine kräftige Prise Paprikapulver und ein Spritzer Zitronensaft. Serviert wird der Eintopf mit Ihrem Lieblingsbrot.

Darauf dürfen Sie sich freuen. Ich brauche mindestens zwei Teller des Eintopfs.

Herbstmusik
Und natürlich mit neuer Musik. Zum herbstlichen Gericht gehört heuer einfach das Album „Far From Saints“ gehört. Das stammt von Kelly Jones, der als Sänger und Mastermind der Band „Stereophonics“ bekannt wurde. Dort sang er schon vor vielen Jahren eingängige Lieder wie „Maybe Tomorrow“ oder „Have a Nice Day“.

Nun hat der Waliser gemeinsam mit Patty Lynn und Dwight Baker ein Bandprojekt gegründet, mit dem er sich einer netten Mischung aus Americana, Rock, Folk und Country widmet, zu hören etwa beim Titel „Screaming Hallelujah“. Dieses Genre gehört für mich zum Herbst wie fallende Blätter, Kastanien oder die tiefstehende Sonne.

Zutaten:
500 Gramm Pilze (zB Champignons, Shitake, Steinpilze, Pfifferlinge), je 150 Gramm Karotten, Sellerie und Zwiebel, 300 Gramm Kartoffeln, 1 Knoblauchzehe, Gewürze (5 Wacholderbeeren, 1 Lorbeerblatt, 1 Rosmarinzweig, je ½ Teelöffel Majoran und Kümmel, 1 Esslöffel Paprikapulver, Salz und Pfeffer), 1 Esslöffel Tomatenmark, 150 Milliliter Wermut oder Weißwein, 800 Milliliter klare Suppe (Gemüse, Huhn oder Rind, möglichst kräftig und selbstgemacht), 1 Esslöffel Butter und 2 Esslöffel Öl, 100 Milliliter Rahm, etwas Zitronensaft

Musiktipp:
Album „Far From Saints“ von Kelly Jones, Patty Lynn und Dwight Baker aus dem Jahr 2023, Label Ignition

Post Author: Dan

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